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Wer kennt es nicht: Lärm ist lästig, beeinträchtigt das Wohlbefinden, mindert die Leistung und stört die Kommunikation – im Extremfall schädigt er sogar die Gesundheit. So überrascht es nicht, dass Lärm, gemäss Umfrage von Mark Brink, Lehrbeauftragter für Arbeits- und Organisationspsychologie an der ETH Zürich, zu den bedeutesten Kriterien für die subjektive Wahrnehmung der Wohnqualität gehört. Im Umweltschutzgesetzt steht festgeschrieben: «Wer ein Gebäude erstellen will, das dem längeren Aufenthalt von Personen dienen soll, muss einen angemessenen baulichen Schutz gegen Aussen- und Innenlärm sowie gegen Erschütterung vorsehen» (Art. 21 USG). Die Realität zeigt aber, dass ein Gesetz der individuellen Wahrnehmung und Empfindlichkeit nicht gerecht werden kann. Heute lassen gut gedämmte Gebäudehüllen sowie neue technische Möglichkeiten die Ansprüche an den Schallschutz über die gesetzlichen Anforderungen hinaus wachsen. Dabei stellt Markus Strobel, dipl. Architekt FH und dipl. Akustiker SGA und Geschäftsführer der Planteam GHS AG fest, dass die Erwartungen an den Schallschutz häufig mit dem Wert der Immobilie ansteigen.
Subjektives Empfinden versus normative Anforderungen
Werden Bewohner durch Lärm beeinträchtigt, dann sind die Quellen häufig Verkehrslärm, Musik, Schritte und andere Geräusche durch Nachbarn. Ein möglichst umfassender akustischer Schutz vor Aussenlärm als auch vor Schallübertragung innerhalb des Gebäudes ist in der heutigen Zeit unerlässlich. Dabei spielt die Raumnutzung und die Nutzung angrenzender Räume eine zentrale Rolle, erklärt Urs Waldner, Umweltingenieur ETH und Bereichsleiter bei der Fachstelle Lärmschutz in der Baudirektion Kanton Zürich. In einem Wohnzimmer oder Einzelbüro, die für längere ruhige Tätigkeiten bestimmt sind, ist die Lärmempfindlichkeit deutlich höher als in einem Badezimmer oder einer Werkstatt, in denen die Benutzer selber lautere Geräusche verursachen. Deshalb gelten je nach Nutzung der Räume unterschiedliche Anforderungen. Allerdings stehen die normativen Anforderungen vielfach in Diskrepanz mit dem subjektiven Empfinden der Bewohner. Menschen reagieren unterschiedlich auf Lärm, weshalb bei manchen das Wohlbefinden auch beeinträchtigt ist, wenn die Normen eingehalten werden. Ein Beispiel von Walter Lips, Maschineningenieur FH, Akustiker SGA und Präsident der Normen-Kommission SIA 181, verdeutlicht diese Problematik: Ein elektrischer Storenantrieb, der kürzer als drei Minuten in Betrieb ist, ist nach der SIA-Norm ein Einzelgeräusch. Fühlt sich aber jemand durch die verursachten Geräusche belästigt, nimmt er diese als Dauergeräusch und als Lärm war. Da an den Schallschutz von Dauergeräuschen strengere Anforderungen gestellt werden, als an denjenigen von Einzelgeräuschen, ist es wahrscheinlich, dass die Normanforderungen eingehalten sind, der Bewohner den Schallschutz aber trotzdem als ungenügend empfindet.
Trittschall als Lärmquelle
Bei der Holzbauweise steht vor allem ein Geräusch als Lärmquelle im Zentrum: Trittschall wird als die am meisten beanstandete Lärmquelle bezeichnet. Dies weil Trittschallübertragungen viel schwieriger zu dämmen sind als Luftschallübertragungen. Im Massivbau gibt es zwei Ansätze, diesem Problem zu begegnen: entweder wird eine sehr dicke Betondecke eingesetzt, die so viel Masse aufweist, dass sie fast nicht angeregt werden kann, oder ein Aufbau nach dem Masse-Feder-Masse-Prinzip erstellt. Bei diesem wird eine Betondecke mit möglichst viel Masse erstellt, darauf eine Trittschalldämmung mit einer möglichst tiefen dynamischen Steifigkeit gelegt und zum Abschluss ein Unterlagsboden – wieder mit möglichst viel Masse – eingesetzt. Mit einem Masse-Feder-Masse Prinzip konzipierten Aufbau können im Holzbau gute Resultate erzielt werden. Einerseits sind wieder Trittschalldämmungen mit tiefen dynamischen Steifigkeiten entscheidend, andererseits muss auch bei Holzbaudecken Masse eingebaut werden: Schwere Unterlagsböden, möglichst federnd abgehängte Deckenverkleidungen aus Gipsbauplatten (besser zwei- als einlagig) und Rohdeckenbeschwerungen aus Kiesschüttungen oder Gartenplatten bilden die angewandten Möglichkeiten dazu.
Luftschall im Holzbau
Entscheidend für einen guten Schallschutz ist eine tiefe Resonanzfrequenz innerhalb des Deckensystems: Denn oberhalb der Resonanzfrequenz beginnt die Schalldämmung. Je tiefer also die Resonanzfrequenz liegt, desto besser ist die Schalldämmung der Deckenkonstruktion insgesamt. Der Hörbereich für das menschliche Ohr beginnt bei rund 20Hz und geht bis etwa 20'000Hz. Wenn möglich sollte die Resonanzfrequenz deshalb unter 20Hz sein oder aber zumindest unter 50Hz. Denn: je tiefer desto weniger störend. Problematisch ist, dass die normativen Anforderungen im Normalfall nur für den Frequenzbereich von 100 bis 3150Hz gelten. Es ist also durchaus möglich, dass eine Konstruktion die Normanforderungen erfüllt, aber von den Nutzern als ungenügend beurteilt wird, weil sie bei den tiefen Frequenzen zwischen 50 und 100Hz ungenügend ist.
Zwei wirtschaftliche Lösungen, die sich im Holzbau anbieten, sind die beschwerte Deckenkonstruktion ohne Bekleidung oder das entkoppelte Systeme mit grossem Schalenabstand. Bei grossen Räumen sind auch raumakustische Massnahmen gegen die Halligkeit zu empfehlen.
Schallschutz durch seriöse Planung
Der Bauakustik darf in keinem Fall zu wenig Bedeutung beigemessen werden. Auch darf aus Kostengründen keine Minimalvariante gewählt werden, denn beides zieht automatisch einen grossen Verlust an Lebensqualität mit sich. Dadurch sinkt in jedem Fall auch der Wert einer Liegenschaft, denn nachträgliche Lärmschutzmassnamen sind oft nicht mehr oder nur mit grossem Kostenaufwand realisierbar. Die Optimierung der Schalldämmung und der Raumakustik muss deshalb zwingend bei der Planung berücksichtigt werden.